Einsam in trüben? Tagen

A:          So kann man nicht leben.
I c h:     Wie kann man nicht leben?
A:          Na so wie du lebst.
I c h:     Siehst doch, dass ich so leben kann.
A:          So allein kann man in echt gar nicht leben.
I c h:     Ich bin nicht allein.
A:          Doch. Ziemlich allein.
I c h:     Fühl mich aber nicht allein.
A:          Sieh dich doch mal um: Ist irgendwer wirklich da?
I c h:     Du bist da.
A:          Das zählt nicht.
I c h:     Doch.
A:          Nahe Angehörige zählen nicht.
I c h:     Erklär mir das mal-
A:          Deine Antwort ist nur eine Flucht vor der Tatsache, dass du tatsächlich
allein bist. Flucht, um den Kummer nicht zu spüren.
I c h:     Wenn ich auch noch Kummer hätte, wären das schon zwei Kümmernisse:
               Das des Kunmers und das des Alleinseins.
A:          Na bitte: Eben hast du zugegeben, dass du allein bist!
I c h:     Es war eine rein theoretische Definition von fiktiven Versionen einer abstrakten Präsenz von Kummer. Außerdem genügt es, mich auf die nackte Erde zu legen, zu hören, wie Wasser in die  Wurzeln dringt, wie es die Lebewesen dort unten ernährt, und wie sie miteinander kommunizieren, von weit entfernten armen und reichen Wesen berichten, die sich nicht einsam fühlen, weil ich ihnen Nachrichten sende: von mir über Wasser und Wurzeln und unbekannte geheime Bahnen, aber das alles funktioniert nur mit geschlossenen Augen und-
A:          (Nicht mehr da.)

Dickes Lob

den Stimmenspeichern Shellac, Vinyl, youtube!
So eine Freude, sie wieder- und wiederzuhören: Leo Slezak. Birgit Nilsson. Nicolai Gedda. Fritz Wunderlich. Lucia Popp. Luciano Pavarotti.
Was ein Tenor! Belcanto! Arien! Canzone!
Pavarotti wirkt. Seine Musik – wie eine Schüssel voll Panna Cotta con fragole, nur halt von außen. Dringt über Ohr, Gehörgänge und Nerven doch ins Innere, wo Genuss und Seligkeit Hochzeit feiern.

Luciano bot Trost in miesen fiesen Zeiten,
bei ganz banaler Alltagsdepri,
in Zeiten von C: Konzertsäle mit Luciano und Publikum ohne Masken. Das war und wird wieder sein, wusste ich.
ER war voll einverstanden und verbeugte sich vor meiner Seherkraft. Und vor seinem Publikum.

Ein Lied unter allen anderen war es, das mich jahrelang begleitet hat:
La Rondine al Nido.

Schwalbe kehrt in jedem Frühling über Gebirge und Meer aus dem Süden zurück.
Nur in diesem Jahr nicht.
Warten. Warten. Vergebens. Wehmut. Ein Addio, in die Ferne gehaucht-

So viel Liebe in der Stimme. Sehnsucht, Trauer, Hingabe.
Das Lied verwandelt sich in einen Film: Der alte Turm…Zypressen und Oleander…die Alten auf steinernen Bänken…Kinder bei wilden Spielen…Sonne zieht ihre Bahnen und grüßt den Herbst. Der Liebende wartet, dass seine Schwalbe wiederkommt.
Luciano singt. Und meint mich!

Von den hundertfünfundneunzig

Ländern der Erde finden ~ hundertachtzig nicht in die aktuellen Meldungen über Krieg/Unruhen im Inneren.
Dort herrscht-frauscht Frieden.
Ein Grund zur Freude?
Anlass, die fünfzehn unglücklicheren einer Kur mit Fernwirkung zu unterziehen?
Bloß, wie?
Osterfeuer mit Funkenflug und guten Wünschen?
Kerzen anzünden und vertrauen, dass Licht sich ausbreite—?
(Esoterik-Kram)
Nein, ich hab eh nichts gesagt.

Was dann?
Einfach alles versenden, verschenken, was gut tut: Musik und Liebe, Blüten, schöne Überraschungen, sanfte Träume, Wein, wildes Gelächter, Wonne, Wohlbefinden, Verlockung, Verzeihung, das müde Ende guter Tage – weit fort fliegen lassen, wo Hoffnungen und Wiesen unter dem Winter des Unfriedens begraben sind.

Der Segen urbi et orbi ist schon mal ein guter Anfang.

Ostermarsch für den Frieden, 1999 in Berlin,
Tage nach Kriegsbeginn in Jugoslawien.
Über der Demo dampfte der Himmel in heiligem Zorn.
Die Abschlusskundgebung lenkte Aufruhr in die Bahn der wilden Entschlossenheit und tatkräftigen Vernunft.

Abend-Andacht in der Passionskirche am Marheinekeplatz:
Gebete, Gedichte und Lieder, vorgetragen von Jugendlichen aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawien.

Heute mal eine HANDnote,

weil Malen und Musizieren Aufgabe der Hände ist. Doch in Wahrheit braucht es ja die ganze Persönlichkeit, um Kunst hervorzubringen.
Als ich die Hörspiel-Beiträge für meine Website sammelte, stellte sich gleich wieder die Erinnerung an Nataliya Striku ein: Ich durfte sie 2015 besuchen, mit der Bitte um eine Musikeinspielung auf der Domra. Ich besaß nur unzulängliches Notenmaterial, trotzdem gelang die Aufnahme perfekt. Für das zweite Stück hatte ich auf dem H4n-Recorder ein Violine-Akkordeon-Duo mitgebracht und bat Frau Striku, an einer bestimmten Stelle einzusteigen und die Melodie fortzusetzen. Zweimal Anhören genügten…
Es war bewegend, die Intensität ihrer Auseinandersetzung mit den kurzen folkloristischen Musikstücken mitzuerleben!
Nach dieser Erinnerung wollte ich wissen, wie es ihr in den Jahren danach erging – und fand die Website: Nataljya Striku hatte auch zur Malerei gefunden. Und ich finde, ihre Bilder ––
es geht nicht, ich schaffe das nicht, die Beschreibungen aus dem bunten Fachvokabular wirken fahl, deswegen sage ich nur: Selber mal dort reinschaun!
Nataliya Striku

Oh, der alte Blog, rechts unten,

er liegt auf Eis und wartet.
Aber!, ein alter Text gerät nun in die heiße Phase,
bestimmt das Ziel: Ein Stern am Horizont, wie er lockt,
wie er fordert, alles, was stört, wegzuschieben, abzuwerfen, leicht zu sein –
Seltsam, wie langsam und mühsam die Reise…

Innehalten
auf einem mächtigen, gutmütigen Stein
unter Sträuchern mit Beeren als Stärkung für die Nacht.

Neubeginn!?
Dabei am Wegrand alles alles auflesen, das Gute und das Andere, hier bissl Thymian pflücken, dort ein Wort und Lieder und Blicke und damit den Rucksack vollstopfen, bis er so schwer auf den Rücken drückt, dass der Stern/das Ziel dem Reisenden von selbst entgegenflutscht.