Ernte will Dank

Das Sauwetter riss alle Äpfel auf einmal von den Bäumen:
Millionen von Äpfeln. Apfelsegen nach Apfelregen.
Es tat weh, die Süßen total auf dem Boden zu sehen. Ich musste sie retten. Auflesen, sortieren, in einem geschützten Raum sorgfältig lagern. So dass keines sich am anderen stößt und ihm Flecken verpasst.

Millionen Äpfel: Apfelüberdruss?
So darf man die Auswirkungen von Segen nicht schimpfen. Äpfel sind Geschenke des Himmels. Von Sonne erwärmt, errötet, zum Reifen gebracht. Vom Regen getränkt, damit ihr Fruchtfleisch quillt.

Äpfel verführen: Ich muss an ihnen riechen, ihr ElfenbeinGelbweiß bewundern und mich auch am scharlachrot- rosè-StreifenMuster nicht sattsehen können. Hineinbeißen, dass es kracht und knirscht und frau vom Saft einen Rammel um den Mund bekommt. Apfelkompott (mit geriebenen Mandeln, Zucker und Vanille) schlürfen und dabei an kranke Tage als Kind denken. Apfelstrudel backen und auch seinen Rest auf keinen Fall kalt verspeisen.

Nur, da sind noch immer so viele, mit Fäulnisflecken an den Wangen, mit kleinen Wunden, wo Vögel sich ihren Teil zum Frühstück holten. Hier zwei verschrumpelte, dort die grünen, die nicht nachreifen wollten.
Die ausdauernden halten durch bis März.
Die schönen sind gut genug zum Verschenken.
Erst wenn der Überfluss schwindet, fühle ich mich reich.

Ich, die Alte, die das alles organisieren muss, wünsche mir Sommerwiese ohne Arbeit. Liegen unter einem Apfelbaum, Personal serviert Mehlspeis: Kuchen, Torte, Strudel mit Marille, Kiwi, Erdbeer. Vielleicht auch Apfel. Und wenn mir einer daherkommt mit einem Apfelbaumgedicht – „Bei einem Wirte wundermild, da war ich jüngst zu Gaste…“, sage ich nur (mit Neid): Der war noch nie mit einem echten Apfelsegen konfrontiert.

Wenn du in kleiner Gesellschaft

eine seltsame Hirn und SprechLähmung spürst,
dazu Atemnot, bzw, wenn du noch in der Lage bist, dich selbst zu beobachten: gepresste, unregelmäßige Atemzüge, die deine Mimik nicht zum Vorteil verändern,
wenn du wider besseres Wissen gar nicht am Gespräch teilnehmen willst, oder doch, oder besser nicht, weil du vorhersiehst, dass jedes SprachFragment maximal die Mitte der Runde erreicht,
die unter diesen Umständen gar keine Runde ist, sondern ein Konglomerat aus wildfremden Existenzen,
und wenn dir das alles unabhängig von Alter, Geschlecht und Aussehen des Umfeldes passiert,
zugleich auch das Gefühl der Hilflosigkeit verursacht,
quasi eine Ohnmacht, ohne die Tücke, dass sie dich zwingt, hineinzufallen,
und wenn alle vordergründigen Fluchtgelüste es dir dennoch  verbieten, ihnen nachzugeben,
und du den Verdacht, dass alles, was die anderen denken, sich gegen dich richtet (und umgekehrt) nicht sofort als an den Haaren herbeigezogen entlarvst,
sondern dich unter weiter anhaltender Gedankenstarre im status quo breitmachst und dich sinnbefreitem Warten auf Besserung des Zustandes hingibst,
kannst du dich mit der stummen Ausrede, du wärst durch irgend etwas getriggert worden – „nein, es liegt nicht an euch“ – immer noch kriechend vom Schauplatz der Schmach entfernen.

Das Fatale und Unumkehrbare daran:

o) Alles total real
o) Es muss heißen: nicht du, sondern ich.

Einmal

bin ich aufgewacht und war noch eine Weile angenehm-heiter nach diesem Wunschtraum, der sich im Schlaf so wahr, so schön, so gut angefühlt hatte:
Ich träumte, dass die Politik es gut mit uns meint.
Dass es ihr ein persönliches Anliegen ist, uns satt und gesund zu wissen, frei von Armut und Obdachlosigkeit,
jetzt und in alle Ewigkeit.

Und, wie war es früher?

Unscharfe Bilder aus der Vergangeheit erinnern mich an den alten Mann mit dem grauen Bart, der brummig, irgendwie auch väterlich, mutig genug zu kontroversiellem Denken, dem Volk dreizehn Jahre lang gedient hat: Bruno Kreisky, berühmt für seine Version von Vollbeschäftigung und seine Reaktion auf den Ölschock, der angeblich sogar real existierte.
Oke, sein diesbez. Ausspruch wurde belächelt, wurde legendär, richtete aber keinen Schaden an:
Man könne doch aus dem Dampf, der an kalten Tagen aus Kanalgittern entweicht, Energie gewinnen…

Ein leiser Startschuss für das, was uns als Klima/-Wandel um die Ohren fliegt? Gab es schon  damals Fädenzieher, Einflüsterer, eiskalte Platzierung von heißem Thema?

Keine Lust, noch länger darüber nachzudenken.
Kühl ist die Nacht. Schlafen will ich gehn, und weiterträumen.

Schock?

Wenn einem (mir) bewusst wird, dass die Erde nichts ist als eine unscheinbare Winzigkeit im All, und dass eine interstellare Macht, die es nicht gut mit uns meint, alles, was hier lebt, töten könnte, und dass es vor so einem Ereignis keinen Schutz gibt – Hütte, Haus, Burg, auch der Windschatten eines Berges, alles zwecklos –, kann diese Erkenntnis zu Panik führen, zu Gleichgültigkeit, vorbeugender Todessehnsucht und zu fast perfektem Verdrängen.

Oder: Das Schicksal in seiner Form als interstellare Macht bestechen: Wenn man von jetzt an allen, die es brauchen, Geborgenheit bietet, Butterbrot, Suppe und Matratze (nur wenn ganzganz dringend. Besser nicht), wäre es vielleicht möglich, der Auslöschung durch interstellare Stürme und andere Widerwärtigkeiten zu entgehen, zumindest aber das Übel abzuschwächen: Beinbruch und Platzwunden statt vorzeitiger Tod, zum Beispiel.

Einmal hielt ich ein 6 Monate altes Erpelküken im Arm. Unklare Symptome, Diagnose im Dunkel. Küken wurde schwächer, ohne Zeichen von Schmerz. Ich hielt es in seinen letzen Minuten im Arm und wusste es beschützt vor allen irdischen Wesen und außerirdischen Gewalten und vor der Kälte im vergangenen Jänner.

Haten darf man nicht, aber dem Smartphone ist es eh wurscht.

Wenn auf einmal der Mailserver nicht mehr funktioniert und zu verstehen gibt, dass er vor allem meine Nachrichten, ja, auch den Versuch, mich mit PW und Codes wieder anzunähern, verschmäht und mir die eiskalte Schulter zeigt mit abweisenden Signalen in Signalrot,
wenn der Zustand ohne vernünftige schriftliche Verbindung zur Außenwelt (10 m -> 1000 km Entfernung) zu einer psychischen Krise anwächst, die weder durch exzessive Kaffeejausen noch durch calmierende Floskeln  – „ja, es gibt Schlimmeres!“ – ihre Schwere verliert,
dann ist es Zeit, das alte Handy durch ein neues Smartphone zu ersetzen.
Beruhigung tritt ein: Mailschreiben lernen, Symbole, Adressen, Speicherorte, alles, alles suchen und finden lernen.
Oder nicht.
Beunruhigung bleibt. Ungeduld und Verstörung schaukeln einander auf. Die Fäden zur Außenwelt, die drahtlosen Drähte, bleiben zerrissen. Nullkommunikation.
Nix verstehn.

Aber, bin eh analog geschult, PC kann ich.
Meine Abwehr richtet sich also nicht gegen das Digitale-an-sich. Viel eher hat es mit der Mehrdimensionalität in den Eingeweiden des Smartphones zu tun: Funktionen, Hinweise, Erledigtes, alles versteckt sich auf verschiedenen Ebenen. Müsste ich suchen. Entdecken. Im Kopf abspeichern. Nur, ich will das nicht.

Wie anders aber draußen, im analogen Leben!
Unterschiedliche Ebenen, natürliche Mehrdimensionalität:
Was unter der Erde ist,
in der Tiefe unterm Wasserspiegel – mysteriöses Meer -,
über den Wolken
oder zwischen Gesteinsschichten,
fordert heraus und bringt Expeditionen auf den Weg,
beschert Abenteuer zwischen Vorsicht und Wagemut.
Es braucht Kraft und Ausrüstung, Wasservorräte, Proviant und Mitstreiter, auf die man sich verlassen kann.
Kein Smartphone bietet dieses Package. Keine versteckte Funktion in diesen 16 x 8 x 1 cm kann es mit den Höhlen im Salzkammergut aufnehmen, nicht mit dem Untertauchen, während man den Boden unter den Füßen verliert und Leichtigkeit mit LebenAtmenWollen einander den ultimativen Wettstreit liefern.