Lesen. Hören. Schreiben. 42 Die Große Suche
Wieder ein Buch ausgelesen, und noch nichts Neues bereit fürs Lese-Essen zum Kaffee. Losziehen und Kaufen unmöglich, weil immer noch vergrippt, ein Zustand maximaker Toleranz mit mir selbst: Tagespensum auf ein Minium abgesenkt, ruhen statt machen. Die Entfernungen entfernen sich. Komposthaufen, ohne geeignetes Equipement und Fitnessplan nicht zu bewältigen. Supermarkt liegt auf dem Mond. Buchhandlung noch ein Stück weiter.
Also in den Bücherregalen suchen, was bei zweiter, dritter Lektüre immer noch Genuss verspricht.
Es sind Bücherkisten, neben- und übereinander gestapelt. Leicht auszuräumen und neu zu sortieren. Spinnen und ihre Netze haben nicht viel Zeit, es sich zwischen zwei Ordnungsangriffen häuslich einzurichten.
Jetzt aber die Suche: Hildegard-von-Bingen-Kochbuch lasse ich links liegen. Um zu doch-wieder-Thomas Mann zu gelangen, muss ich Shakespeare umlagern – keine rauschenden Verse mit zu viel gehaltvoller Komplexität, bitte, und, nein, Königliche Hoheit kenne ich zu gut, die Erzählungen klappen sich bestimmt bei Mario und der Zauberer auf: das düsterste Oevre v. Th. M., bitte nicht mit mir. – Weiter, die weißen Nächte mit Cover zum Eintauchen bringen auch gleich die Erinnerung an das seltsam-indifferent-frohe unhappy end mit sich, und Tschechov bewahre ich mir für Lesestunden ohne Kafeejausn. – Vielleicht sollte ich Kaffee und Mehlspeis genießen, ohne durchs Lesen abgelenkt zu sein? Wertschätzung und Dank für alle, die mitgholfen haben, von Kaffeeplfückerinnen bis zur Supermarktangestellten? Nicht jetzt. Jetzt Lese-Essen. Mit Buch. Aus der der Musikabteilung? Mozart-Briefe zu chaotisch? Doch da, ein fast nie konsumierter Schatz, bereitgelegt für willhaben. Gierig greife ich danach:
Im Palast der Gefühle, Erfahrungen und Enthüllungen eines Wiener Operndirektors, v. Claus Helmut Drese. – Warum? Weil das Spinnen von Intrigen, die nicht mich meinen, eine vergnügliche Art von Spannung erzeugt? Genau richtig für Leute, die Krimis als Häufung von Negativismen bezeichnen? Weil das Buch eine Zeit aufleuchten lässt, die in ihrer öffentlichen Wertschätzung für Oper vor Kultur-und Finanzierungskämpfen nicht zurückschreckte? Und ja, damals habe ich tatsächlich den Wiener Taxifahrer mit Kenntnis der Opernszene erlebt, es war die kürzeste Reise zum Südbahnnof, der Zug pünktlich, die provinzielle Provinz fern. Gestern, heute, immer.